Nur Stadtverkehr ist auf Dauer ein wenig langweilig, Grund genug, eine Tour in ein ganzes Dieselnetz zu machen. Der Mühldorfer Stern ist gemeint, rund um die relativ kleine Stadt in Oberbayern tummeln sich so einige Schätzchen. Dabei begannen wir an der Hauptstrecke München – Mühldorf und arbeiteten uns in den beiden Tagen auf die Nebenbahnen vor.
Der erste Stopp fand in Hörlkofen statt, in das ein einzelner 628 in Richtung Mühldorf einrollt. Charakteristisch für das ganze Streckennetz sind die Formsignale. Wohin man auch schaut, oftmals findet man alte Infrastruktur in Form mechanischer Stellwerke mit Formsignalen, Vollschranken-Bahnübergängen oder auch gerne flacher Bahnsteige mit Bahnhofsgebäude und Reisenden-Bü.
Völlig überraschend lässt sich hier auch noch ein leuchtendes Rapsfeld im Hintergrund erkennen.
Nur wenige Kilometer weiter legt sich ein 628-Doppel ein Stück nördlich von Walpertskirchen in die Kurve.
An diesem frühen Samstagmorgen lohnt sich ein Einsatz eines Doppelstockzuges noch nicht, sodass die alten Triebwagen auf die große Strecke dürfen. Während sie in vielen Betriebswerken bereits aus dem planmäßigen Betrieb ausgeschieden sind – da wären z.B. Kiel, Dortmund oder auch ganz frisch Ulm – versehen sie in Mühldorf am Inn bis heute in großer Stückzahl ihren Dienst.
Aus der Gegenrichtung erschien dann der erste Doppelstockzug des Tages, geschoben von einer Lok der Baureihe 245. Eigentlich hatten wir auf eine BR 218 gehofft, tatsächlich fuhren an diesem Tag aber alle Umläufe mit den modernen TRAXX-Lokomotiven.
Erneut fuhren wir nur wenige Minuten, um in Thann-Matzbach einen Zwischenhalt einzulegen. Der Signalflügel hob sich und es wurde blau am Horizont. Leider kam nicht die Sonne heraus, dafür präsentierte sich uns der im „Bahnland Bayern“-Design beklebte Steuerwagen auf dem Weg nach München.
In knallblau mit weißen Kontrastflächen erinnert der Wagen an die Landesfarben und wirbt dabei für das Bahnland Bayern, jener Regionalverkehrsverbund der Bayrischen Eisenbahngesellschaft (BEG), der für das größte deutsche Bundesland zuständig ist.
Eine der größeren Städte auf dem Weg in die Hauptstadt der Südostbayernbahn ist Dorfen. Hier oder in Schwindegg wird planmäßig gekreuzt, denn die Strecke ist über weite Teile eingleisig.
Hier rollt der Zug nach München gerade am Einfahrsignal vorbei, um unmittelbar danach einen bislang nur behelfsmäßig mit mobilen Ampeln gesicherten Bahnübergang zu überqueren und in Dorfen einzurollen.
Wir kamen gerade aus dem angrenzenden Supermarkt, als sich der Bahnübergang erneut schloss – obwohl kein Personenzug geplant war. Es konnte sich nur um einen Güterzug handeln und tatsächlich, die Hatz über wenige hundert Meter hat sich gelohnt, eine Class 77 der Euro Cargo Rail zog ihren Kesselzug aus Dorfen heraus.
Quasi mitten im Nichts an einem Bahnübergang bietet sich dieses Bild. Ein stinknormaler roter Steuerwagen zwischen Feldern, einzig und allein das Bauernhaus im Hintergrund bietet eine Idee eines Motivs für die RB 40 nach München Hbf.
Dreht man sich um 180 Grad und überquert die Straße, sieht das Motiv ein wenig anders aus. Im Gegensatz zu Dorfen wird der Betrieb in Schwindegg noch mit Formsignalen gesteuert – hier zu sehen ist das Einfahrvorsignal zusammen mit 245 012.
Wieder war der Weg nicht weit zum nächsten Motiv, wir hangelten uns ein wenig an den 75 Kilometern Bahnstrecke entlang. Ein wenig überraschend und deshalb etwas aus der Hüfte entstand dieses Bild. Wieder ist es eine ECR Class 77, wieder sind es Kesselwagen, dieses Mal allerdings Gaskessel.
Im Hintergrund liegt der Ort Walkersaich – inklusive Kirche. Von unserem leicht erhöhten Standort aus ließen sich ganze fünf Kirchen auf einmal entdecken!
Zwar nicht mit Kirche, dafür aber wie schon am EVSig Schwindegg mit Bauernhof im Hintergrund präsentiert sich das nächste Foto. Der blaue Steuerwagen hatte es auch bereits nach München, von München nach Mühldorf und zurück geschafft, sodass er uns erneut vor die Linsen fuhr.
Dem schlechten Wetter sei Dank mussten wir keine Rücksicht auf den Sonnenstand nehmen. Es muss ja schließlich auch mal positive Seiten haben!
Nach den Steuerwagen und Güterzügen sollte es nun aber mal wieder mit einer TRAXX weitergehen. 245 015 ist es dieses Mal, die aus Schwindegg herausbeschleunigt und auf dem Weg nach Ampfing ist, dem nächsten Halt auf der Strecke.
Eigentlich hätte dies erneut der blaue Steuerwagen sein sollen, allerdings tauschte man in Mühldorf munter die Züge durch, sodass ein neuer Wagenpark auf die Strecke gelangte. Nicht minder schön und nur sehr kurz vor einem starken Regenschauer passiert die RB 40 das Spiegelei von Weidenbach.
Das ESig selber steht einige hundert Meter weiter. Die Bahnstrecke verläuft hier auf einem Damm mit jeder Menge Butterblumen im Vordergrund. Wie auch beim Raps ist die gelbe Farbe ein gerne genommenes Motiv, mit dem Formsignal im Hintergrund erst recht. Fehlt nur die Sonne…
Das Motiv kennen wir schon, wieder befinden sich die Fotografen ein Stückchen hinter Schwindegg, wieder lässt sich im Hintergrund die Kirche von Walkersaich erkennen, wenn auch ein wenig trüber als zuvor. Dieses Mal haben wir uns allerdings ganz bewusst für die seitliche Position entschieden, um den beklebten DBpbzfa 765.5 schön im Bild zu haben.
Dank einer kurzen Nachfrage erreichte uns die Info, dass ein Güterzug aus Burghausen in Richtung Maschen unterwegs sei. Es dauerte auch gar nicht allzu lange, bis die Class 77 laut dröhnend ihren Containerzug in Richtung München an uns vorbeizog.
Einen Stellungswechsel nur wenige hundert Meter weiter an einem aufgelassenen Bahnübergang später dröhnte es erneut – allerdings aus der falschen Richtung. Gleich zwei Güterzüge hintereinander rollten Richtung München, dieses Mal mit einem etwas improvisierten Foto, dafür mit blühendem Raps im Hintergrund!
Eigentliches Objekt der Begierde war aber die Gegenrichtung. Bei zunehmend schlechterem Wetter erschien der nächste „Claus“ auf der Bildfläche.
So langsam neigte sich der Tag dem Ende zu und die Hauptstrecke war langsam abgegrast. Zeit, sich den vielen kleinen Nebenbahnen zuzuwenden, allesamt mit der guten alten Baureihe 628 betrieben. Hier legt sich ein Exemplar zwischen Hochsitz und Bauernhof bei Waldkraiburg in die Kurve.
Der entgegenkommende Zug wurde dann an einem Bahnübergang kurz nach der Abfahrt in Waldkraiburg erwartet.
Die Bahnstrecke verläuft hier auf einer Art Sims am Berghang entlang, die Straße wird im weiteren Verlauf mit steilen Serpentinen den Hang hinabführen, während der Zug den deutlich sanfteren Abstieg angeht.
Ein einsamer mit Gras überwucherter Bahnsteig am Rande einer kleinen Häusersiedlung, nicht funktionierende Laternen und ein Schild, das eigentlich seit vielen Jahren nicht mehr dem aktuellen Design der Deutschen Bahn entspricht: Herzlich willkommen in Mittergars! Den einen oder anderen mag ob der Aufzählung bereits eine dunkle Vorahnung beschleichen. Und er soll Recht behalten, hier hält kein Zug mehr, die zweistündliche Regionalbahnverbindung von Mühldorf (Obb) nach Rosenheim rauscht mit voller Geschwindigkeit durch den Haltepunkt.
Zum Fahrplanwechsel 2019 wurde der Halt aus den Kursbüchern gestrichen, die Bayrische Eisenbahngesellschaft (BEG) bestellte ihn nicht mehr. Doch auch damals war der kleine Haltepunkt bereits eine Besonderheit, denn obwohl im Revier der Südostbayernbahn vielerorts noch alte Infrastruktur vorhanden ist, so sind z.B. das alte Schild wie auch die fehlende digitale Anzeige durchaus Seltenheiten, die in Deutschland kaum noch vorkommen.
Wir verlassen Mittergars wieder, allerdings nur wenige hundert Meter. An einem der nächsten und hier zahlreich vorhandenen Bahnübergänge fiel uns wieder einmal eine gelbe Blumenwiese ins Auge, im Hintergrund fand sich noch eine Dorfkirche, fertig ist das Motiv für den kleinen Dieseltriebwagen.
Nachdem die letzten Bilder bereits relativ dunkel geworden waren, setzte nun, bedingt durch das trübe Wetter, sehr früh die Dämmerung ein. Grund genug, die Fahrt in die Unterkunft anzutreten und den Abend entspannt bei etwas zu Essen und dem einen oder anderen Bier ausklingen zu lassen.