Am sechsten Tag in Prag befand sich das Hobby mal wieder im Hintergrund. Am Nachmittag galt es ein doch eher seltener ins ÖPNV-Netz eingebundene Verkehrsmittel zu nutzen: Die Standseilbahn am Petřín.
Die Wettervorhersagen versprachen einen nahezu wolkenlosen Vormittag, doch es kam leider etwas anders. Trotzdem ging es an der Karlsbrücke auf die Aussichtsplattform des Altstädter Brückenturms, der im 14. Jahrhundert errichtet wurde. Er steht am östlichen Ende der Karlsbrücke auf Höhe des ersten Brückenpfeilers.
Hinter der Karlsbrücke ist die Altstadt zu sehen, immerhin diese konnte in Sonne aufgenommen werden. Anschließend ging es in Richtung Süden, um die Prager Hochburg noch einmal zu besuchen.
Nach dem Besuch der Hochburg, widmeten wir uns den etwas weniger gut aussehenden Dingen, in diesem Fall dem „Bahnhof“ Praha-Vyšehrad. Er wurde 1872 eröffnet und 1960 für den Personenverkehr geschlossen, zugunsten des städischen Nahverkehrs. Die Straßenbahnhaltestelle direkt vorm Eingang ist geblieben, trägt heute aber einen neuen Namen: Albertov. An ihr hält eine Tatra T3M-Doppeltraktion der Linie 7.
Betrieblich besitzt der Bahnhof heute nur noch einen Status als „výhybna“, was einer Ausweichstelle entspricht. Im Jahr 2014 wurden die elektromechanische Sicherungstechnik ersetzt, seitdem wird der Bahnhof aus Praha-Smíchov ferngesteuert.
In den 1980er-Jahren wurde das hier abgebildete Empfangsgebäude aus dem Jahr 1904 trotzdem noch einmal renoviert, in der Folge kam es dennoch zu einigen Schäden. 2000 verhandelte die ČD mit Interessenten über den Verkauf des Gebäudes, welcher letztlich ausblieb. Seit 2001 sind sämtliche Hochbauten als Kulturdenkmal geschützt. Es folgten gerichtliche Streitigkeiten über die Eigentumsverhältnisse, nachdem die ČD die Anlagen verpachtete. Erst 2007 kaufte ein privater Investor, die TIP Estate, das Gebäude samt umliegendem Areal und ließ 2008 rechtswidrig die denkmalgeschützte Wartehalle auf dem Inselbahnsteig abreißen. Aufgrund des fortschreitenden Verfalls versucht die Stadt Prag seit Jahren das Areal zurückzukaufen, bislang vergebens. Als Preis wurde vom Eigentümer fast das Doppelte des ortsüblichen Werts aufgerufen. Nun droht offenbar die Zwangsversteigerung wegen unbezahlter Bußgelder, bei der die Stadt mitbieten wolle. Immerhin sichern zwischenzeitlich aufgestellte Bauzäune die Fußgänger vor den Gefahren des Empfangsgebäudes…
Weiter ging es auf den Petřín-Hügel westlich der Donau. Hier verkehrt eine Standseilbahn zwischen der Altstadt und dem „Gipfel“, die nur bedingt mit den pid-Verbundsfahrkarten genutzt werden darf. Während Zeitkarten (ab 24 Stunden) anerkannt werden, haben Einzelfahrkarten keine Gültigkeit. Sie kosten hier 60 Kronen, eine gleich lange Fahrt im Nahverkehr würde nur 30 Kronen kosten.
Der Petřín ist überwiegend bewaldet und ein beliebtes Naherholungsgebiet in der Stadt. Auf ihm befinden sich zahlreiche alte Gebäude, Sehenswürdigkeiten und ein Aussichtsturm. Bei diesem handelt es sich um einen verkleinerten Nachbau des Pariser Eiffelturms. Wald ist auch ein gutes Stichwort: Wenige Gehminuten von der Talstation entfernt entstand dieses Foto der Standseilbahn.
Auf der Standseilbahn sind zwei Fahrzeuge im Einsatz, die sich unter dieser Zwischenstation jeweils kreuzen. Es ist bereits die dritte Standseilbahn auf dieser Trasse, die erste wurde im Juli 1881 eröffnet. Aufgrund von Schäden und Modernisierungsarbeiten war sie zwischendurch für längere Zeit komplett geschlossen.
Bei der ersten Seilbahn handelte es sich um eine meterspurige Wasserballastbahn, die 1916 kriegsbedingt eingestellt wurde und sechs Minuten für eine Fahrt über die 396,5 Meter lange Strecke benötigte. In den 1930er-Jahren sollte die mehrfach gescheiterte Wiederinbetriebnahme angegangen werden, es wurde aber auch über eine einfache Fahrtreppe als Ersatz nachgedacht. Stattdessen erhielten die städtischen Verkehrsbetriebe das Eigentum an der Standseilbahn. Sie bauten die Bahn auf Regelspur um und elektrifizierten sie. Dabei wurde die Strecke auf 511 Meter bis zu einer neuen Talstation verlängert, die sich seitdem in einem historischen Gebäude aus der Barockzeit befindet. Diese Arbeiten begannen 1931 und konnten bereits ein Jahr später abgeschlossen werden. In den Jahren 1965 und 1967 führten starke Regenfälle zu Erdrutschen und starken Schäden an den Gleisanlagen: 1965 wurden 180 Meter der Strecke, 1967 die gesamte Strecke zerstört. In den 1980er-Jahren wurde die Reaktivierung erneut angegangen und die Bahn nach einem Quasi-Neubau im Jahr 1985 in der heutigen Form wiedereröffnet.
Zum Abschluss des Tages entstand noch ein Metro-Foto in der Station Náměstí Míru (dt. „Friedensplatz“) der Linie A. Sie liegt 53 Meter unter der Straßenoberfläche und damit so tief wie keine andere Prager Metro-Station. Es gibt allerdings noch ein tiefer liegendes Tunnelstück: Zwischen Hradčanská und Malostranská (ebenfalls Linie A) liegt die Strecke 68 Meter unter der Straße, die Rolltreppen sind 87 Meter lang und haben 533 Stufen. Damit liegt der Bahnhof was die Tiefe angeht weit vorn in der EU: Nur die Haltestelle La Teixonera der Linie L5 in Barcelona liegt tiefer – 73,53 Meter unter Geländeniveau. Der tiefste U-Bahnhof der Welt liegt auch nicht weit entfernt in Kiew: Die Station Arsenalna liegt 105,5 Meter unter der Straße.