Nach einer Woche war er dann leider gekommen: Der Abreisetag. Nach einem ausgedehnten Frühstück wurde am Hauptbahnhof auf den Eurocity zurück in die Heimat gewartet. Die Fotoausbeute dabei: Durchwachsen, aber modern…
Zum Hauptbahnhof ging es mit der Esko-Linie S9, da diese aufgrund der nur wenige Kilometer langen Strecke tatsächlich preislich den städtischen pid-Tarif unterbieten konnte. Dort angekommen überraschte von hinten diese bunte Railjet-Garnitur: 1216 239 in ÖBB-Railjet-Lackierung zieht einen blauen ČD-Railjet-Wagenpark in den Hauptbahnhof hinein. Der Folgetakt war entsprechend anders herum zusammengestellt.
Wie so oft in den vergangenen Tagen wurde noch der EC nach Schwandorf mit alex-Wagen hinter der Lok der Baureihe 362 aufgenommen – nur heute mal wieder an einem anderen Bahnsteig. Im Prager Hauptbahnhof gibt es für Fahrgäste keine Gleisangaben, sondern nur Bahnsteignummern. Die Bahnsteige sind dann zusätzlich noch in einen Nord- und Südabschnitt unterteilt, da viele Züge nicht ansatzweise die ganze Bahnsteiglänge benötigen.
Nach einem kleinen Spaziergang zum Zeitvertreib ging es einige Zeit später wieder zurück in den Hauptbahnhof. An den Hausbahnsteig 1 grenzt die ehemalige Schalterhalle des Prager Hauptbahnhofs. Ein Teil von ihr wird heute gastronomisch genutzt, außerdem gelangte man von hier zur Sammelstelle für Flüchtlinge aus der Ukraine.
An den Regiojet-Zügen kommen nicht nur neue Traxx MS3-Lokomotiven aus dem Hause Bombardier – pardon, nun ja Alstom – zum Einsatz, sondern auch angemietete Siemens Vectron-Lokomotiven. Dieses Exemplar trägt die Nummer 193 226, stammt von ELL und ist in Deutschland ins Fahrzeugregister eingestellt. Neben den modernen Loks kommen aber auch ältere „Ostloks“ zum Einsatz – diese zufriedenstellend zu fotografieren gelang in der Woche aber leider nicht.
Aufgrund eines etwas instabilen Betriebs und nur äußerst kurzfristigen Ankündigungen von Ankunftsgleisen und/oder der Tatsache, dass Züge bis an die Bahnsteigenden fuhren, mussten einige in der Wartezeit geplante Motive leider ausfallen – ärgerlich.
Gewartet wurde am Hausbahnsteig 1, wo auch dieses Denkmal aufgestellt wurde. Ein Vater mit zwei Kindern, die gar nicht glücklich über ihre Reise sind? Dieses Denkmal wurde dem Briten Nicholas Winton gewidmet, der nach den Novemberprogromen 1938 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 669 Kinder jüdischen Glaubens aus der Tschechoslowakei die Einreise nach Großbritannien ermöglichte. Sein Wirken hielt er jahrzehntelang verborgen, selbst gegenüber den Kindern. Erst durch Funde seiner Ehefrau im Jahre 1988 wurde seine Hilfsaktion bekannt und vielfach geehrt. 2002 wurde er von Queen Elizabeth II zum Ritter geschlagen. 2015 starb Winton im Alter von 106 Jahren.
Die Skulptur wurde im September 2009 enthüllt. Der Termin war kein Zufall, fand im September 2009 doch eine Gedenkfeier 70 Jahre nach den Kindertransporten statt – in Form eines Sonderzuges, dem „Winton-Train“ zur Londoner Liverpool Street, wo Winton auf Überlebende des Holocausts und Hinterbliebene traf. Wer die Geschichte hinter dem Denkmal kennt, wundert sich also wohl kaum noch über die traurigen Gesichter, wird es doch wohl ein Abschied für immer sein.
Zum Abschluss der Reise entstand dieses quasi unausrichtbare Foto des IC 560 nach Cheb… Der Vectron 193 683 stand zu dicht am nächsten Signalmasten… Das Augenmerk soll ohnehin nicht auf der Mietlok an der Spitze liegen, sondern am Wagenpark: Es sind neue Siemens Reisezugwagen vom Typ Viaggio Comfort, die zusammen mit Škoda gebaut werden. Zunächst wurden 50 Wagen bestellt, die zehn feste Garnituren bilden. Die neuen Wagen sind vom Railjet bekannt und dürfen eine Geschwindigkeit von 200 km/h erreichen, werden aber als InterJet bezeichnet. Sie kommen von/nach Prag auf den Zügen des Západní expres und Krušnohor seit dem Jahresfahrplan 2022 zum Einsatz.
Die Tschechen setzen trotz zunehmender Verbreitung von Triebzügen weiter auf lokbespannte Reisezüge, was auch die Folgebestellung zeigt: Es sind weitere Viaggio Comfort-Wagen beim Konsortium Siemens/Škoda bestellt: Zwischen 2024 und 2026 sollen noch einmal 180 Wagen für 20 Züge im Fernverkehr ausgeliefert werden, die bis zu 230 km/h schnell fahren dürfen – passend dazu werden auch Siemens Vectron in der neuen 230 km/h-Version beschafft. Diese sollen die Loks der Baureihen 193 und 380 ablösen. Die Züge werden als Wendezug konzipiert und entsprechend auch einen Steuerwagen in Vectron-Optik erhalten. Sie erhalten eine ETCS-Ausrüstung (inkl. nationale Zugsicherungssysteme) und sollen später in Tschechien sowie Deutschland, Österreich, der Slowakei, Ungarn und Polen eingesetzt werden können. Ob sie dann unter dem Markennamen „Railjet“ fahren werden? Wir werden sehen.
Doch noch einmal zurück zur Mietlok: Hier sind tatsächlich gleich drei Länder involviert. Die Lok gehört der slowakischen RSL – Rolling Stock Lease aus Bratislava und ist an die České dráhy in Tschechien vermietet. Eingestellt ist die im Dezember 2021 abgenommene Lok allerdings in Deutschland als 91 80 6193 683-0 D-RAILL. Da ist sie also, die Eisenbahn ohne Grenzen?
Mit diesem wohl neuesten Zug auf den tschechischen Schienen endete eine Woche Fotourlaub mit zahlreichen Fotos aus dem Hobby- oder Sightseeingbereich. Einige Bahnsteige weiter ging es dann in den Eurocity in die Heimat, um schließlich auch diese Zeilen zu schreiben.