Am letzten ganzen Tag in Prag entstanden am Vormittag einige Bilder der internationalen Zugverbindungen von und nach Prag, während es abends noch einmal in den Untergrund ging.
Nach der Ankunft am Hauptbahnhof fiel am EC nach Schwandorf eine „Werbelok“ auf: 362 110 wirbt für die Website der ČD. Ist das die vielerorts geforderte Digitalisierung?
Eine bislang noch nicht gezeigte Baureihe ist die (ČD-)Baureihe 151, von der nur 13 Exemplare existieren. Sie wurden aus Loks der Baureihe 150 (Škoda 65E) ab 1992 umgebaut. In diesem Zuge wurde die Höchstgeschwindigkeit auf 160 km/h erhöht, weshalb die Lok an Schnellzügen der Gattungen Ex, IC und EC eingesetzt wird. Anders als die Baureihe 380, von der sich die ČD bereits bis 2025 wieder trennen will, sind alle Loks dieser Baureihe bereits mit ETCS ausgerüstet worden. Der mit 151 011 bespannte IC 514 „Opavan“ erreicht mit gut einer Stunde Verspätung den Prager Hauptbahnhof.
Zeit für eine Baureihenpremiere bei den Bahnfotografen: An Bahnsteig 1 fuhr wenige Minuten später ein RegioJet-Zug ein: Traxx MS3 388 208 erreicht ihren Ziel- und Endbahnhof Praha hl. n..
RegioJet ist ein 2009 gegründeter privater Anbieter von überwiegend Fernverkehrszügen in Tschechien sowie nach Österreich und in die Slowakei. 2019 kündigte das Unternehmen den Kauf von Bombardier Traxx MS3-Lokomotiven an. Seit Dezember 2020 wurden 15 Loks ausgeliefert, drei weitere sollen noch folgen. Die Europäische Zulassungsbehörde ERA erteilte die Zulassung für Deutschland, Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn am 13. Dezember 2021.
In Deutschland sind die neuen Traxx MS3-Lokomotiven bislang kaum präsent. Erst seit Frühjahr 2022 erreichen die Tschechischen Vertreter (Baureihe 388) den Hamburger Hafen an Güterzügen von ČD Cargo. Dort kommen derzeit elf Loks zum Einsatz, die erste von zehn Loks aus dem zweiten Abruf ist seit Anfang des Jahres in Betrieb. Zu den dann 20 Loks könnten noch 30 weitere hinzukommen – der Rahmenvertrag ermöglicht den Bau von insgesamt 50 Traxx MS3 für die ČD Cargo. TX Logistik bestellte 40 Loks, von denen bis heute allerdings keine einzige in Betrieb gegangen ist. Die Auslieferung war für Sommer 2019 geplant – das ist nun drei Jahre her. Die Prototypen 188 001-006 sind bereits in vielen Ländern für Probefahrten gewesen, so auch in der Schweiz, in Luxemburg, Dänemark und den Niederlanden – wo eine Zulassung bislang nicht gelang.
Es bleibt international, wenngleich nicht ganz so modern. Beim Warten auf den Pendolino rollte am Nachbarbahnsteig die 361 125 der Slowakischen ZSSK ein. Am Haken hatte sie den bunten Wagenpark des EC 127 „Valašský expres“ nach Púchov – einem Ort wenige Kilometer hinter der Grenze zur Slowakei.
Dann war es so weit: Der Pendolino 681 007 der ČD fuhr ein. Als IC 512 fährt der siebenteilige Triebzug mit Neigetechnik aus Bohumín über Ostrava, Praha und Plzeň nach Františkovy Lázně. Für den Pendolino wurde eigens eine neue Zuggattung eingeführt, die zugleich auch die hochwertigste Zuggattung der ČD ist: SuperCity Pendolino.
1989 erreichte erstmals ein Pendolino die Tschechoslowakei – ein italienischer ETR 401. Es folgten weitere Vorstellungen von Zügen mit Neigetechnik, woraufhin die ČD im Jahr 1995 den Bau von zehn Triebzügen mit Neigetechnik für die Strecke Berlin – Prag – Wien ausschrieb. Der ambitionierte Zeitrahmen (Auslieferung bis 2000) konnte nicht eingehalten werden und der Hersteller ČKD ging pleite, sodass Alstom im Jahr 2000 die Fertigung der Fahrzeuge übernahm. Bereits vorher wurde die Bestellung aufgrund gestiegener Kosten von zehn auf sieben Züge reduziert.
Die Züge wurden zwischen 2003 und 2005 ausgeliefert, der Probebetrieb begann im Jahr 2004. Seit Dezember 2005 läuft der Regelbetrieb. Die Züge können eine Geschwindigkeit von 230 km/h erreichen, besitzen aber nur eine Zulassung für 200 km/h. Auch diese sind im Jahr 2022 in Tschechien nicht erreichbar – mehr als 160 km/h sind landesweit nicht zulässig, auch wenn bereits viele Streckenabschnitte mit 200 km/h befahren werden könnten. Zwischen Břeclav und Brno stellte 2006 ein Pendolino den Tschechischen Geschwindigkeitsrekord von 237,04 km/h auf.
Die Zulassung für die Slowakei und Österreich folgten Ende 2006. Eine Verbindung nach Deutschland wurde schließlich nie mit Pendolinos aufgenommen. Stattdessen einigte man sich mit der ÖBB über den Einsatz von Railjet-Einheiten mit gemieteten Loks, die mit dem Jahresfahrplan 2015 den Pendolino-Ast nach Wien übernommen haben.
Moderne Zeiten auch im Osten Europas: Die Siemens Vectron-Lokomotiven sind inzwischen quasi in ganz Europa im Einsatz. Die 383 103 wurde 2017 in Betrieb genommen und ist seitdem an die Slowakische ZSSK vermietet. Der große Schriftzug „NÁRODNÝ DOPRAVCA“ an der Lokseite bedeutet sinngemäß „Nationaler Beförderer“.
Während links am Bahnsteig 4 bereits EC 90279 „Metropolitan“ nach Budapest auf seine Abfahrtszeit wartet, fährt am Bahnsteig 5 direkt nebenan der EC 282 „Metropolitan Slovenská strela“ aus Bratislava ein.
Unter dem Platz der Republik entstand anschließend das erste Metro-Foto des Tages im Bahnhof Náměstí Republiky der Linie B. Ein Škoda 81-71M fährt ein.
Typisch für die Prager Metro sind jedenfalls im Innenstadtbereich die langen Rolltreppen, die den Bahnsteig mit der Verteilerebene verbinden. In einigen Stationen hängt ein kleines Schild an der Wand, das an den Wasserpegel in der Station beim Moldauhochwasser im August 2002 erinnert. Manche Stationen standen 10 Meter tief unter Wasser. Auch die Haltestelle Náměstí Republiky wurde komplett überflutet und musste in der Folge saniert werden. Die Sanierungsarbeiten dauerten bis März 2003 an, mindestens 17 Stationen waren betroffen – am stärksten die Linie B.
Es folgte ein bahnfreies Tagesprogramm, ehe es am Abend noch einmal für Fotos der älteren Metrozüge in die Innenstadt ging.
Ein Thema, das die Prager Verkehrsbetriebe sichtbar machen, sind Unfälle mit der Straßenbahn. Eine entsprechende Kampagne warnt davor, dass die Straßenbahn nicht ausweichen kann und Fußgänger „den Kürzeren ziehen“ würden. Mindestens ein Tatra T3-Doppel fährt mit einer auffälligen schwarz-gelben Folierung durch Prag, in diesem Jahr steht es bereits 0:3 für die Straßenbahnen, wie auf den Werbefolien zu lesen ist. An der Haltestelle Novoměstská radnice am Neustädter Rathaus wurde aus selbem Anlass der Umriss eines Menschen auf die Gleise gesprüht. Ein bisschen makaber, aber hoffentlich hilfreich. Tatra KT8D5R.N2P 9095 passiert den „Tatort“ in wenigen Augenblicken.
Zunächst ging es mit der gelben Linie B in den Nordwesten der Stadt. Dort befinden sich einige Stationen mit Tageslichteinfall, so zum Beispiel die Haltestelle Luka.
Die Metro verkehrt in teilweise sehr engen Abständen: Während die Linie C alle 115 Sekunden verkehren kann, können auf der Linie B alle 140 Sekunden und auf der Linie A alle 150 Sekunden Züge fahren. Tagsüber fahren die Züge in der Regel alle 3-5 Minuten. Am Bahnsteigende hängt unter einer Digitaluhr eine weitere Uhr, die die Zeit seit dem letzten Haltfall des Ausfahrsignals zählt. Zur Rushhour steht oft nur eine Minute kein Zug am Bahnsteig. Dafür fallen die Haltzeiten ungewöhnlich lang aus, nicht zuletzt aufgrund der doch sehr großzügigen Ansage „Zurückbleiben bitte“, die wörtlich lautet: „Ukončete prosím výstup a nástup, dveře se zavírají“.
Zum Ende der Hauptverkehrszeit bestehen je nach Richtung bereits wieder verschiedene Takte, sodass sich Züge in diesem Fall nur etwa alle 10 Minuten im Bahnhof treffen. Nachdem der erste Versuch schief ging, verpassten sich die beiden Metros beim zweiten Versuch um nur wenige Sekunden. Bei diesem Bild musste also letztlich die Zeitmaschine nachhelfen.
Ganz ohne Zeitmaschine kam dieses Bild aus: Zwei Metros der Linie B begegnen sich in der eher dunklen Station Radlická. Neben LED-Punktanzeigen mit Zugziel und sekundengenauem Countdown bis zur nächsten Abfahrt gibt es auf den Bahnsteigen quer zur Fahrtrichtung angebrachte Linienbänder. Auf diesem ist die gesamte Metrolinie dargestellt, sodass auf einem Blick ersichtlich wird, welchen Zug man nehmen muss.
Während wir bereits die „neuen“ Metrozüge Siemens M1 der Linie C vorstellten, geht es nun um den hier in die 1985 eröffnete Haltestelle Smíchovské Nádraží einfahrenden Metrotyp Škoda 81-71M, der seit 1996 eingesetzt wird. Die Wagen wurden aus Metrowagonmasch 81-717.1 (Endwagen) bzw 81-714 (Mittelwagen) umgebaut. Dabei erhielten sie eine neue Lackierung, ein neues Interieur, neue Fahrmotoren und Technik sowie neue Frontscheiben. Immer fünf Wagen bilden nun eine Einheit. Bis 2011 wurden 93 Einheiten in Dienst gestellt, davon stehen der Linie A 41 und der Linie B 52 Züge zur Verfügung.
Die zwischen 1978 und 1990 gebauten Metrowagonmasch-Wagen standen in der unmodernisierten Form noch bis 2009 im Dienst. Ein Wagen von ihnen wurde ins Prager Nahverkehrsmuseum gebracht, im Depot Zličín der Linie B steht ein ganzer 5-Wagen-Zug abgestellt. Sie wurden ursprünglich für Moskau konzipiert und kamen in der Form, oder entsprechend angepasst, in vielen Metrosystemen zum Einsatz: Moskau, St. Petersburg, Kiew, Baku, Tiflis, Nowosibirsk, Minsk, Dnipro, Samara, Charkow, Nischni Nowgorod, Jekaterinburg, Warschau, Budapest, Sofia, Jerewan, Taschkent und eben in Prag.
Gerade die älteren Bahnhöfe haben eine Gemeinsamkeit: Ihre Röhrenbauform. Zwischen den beiden Bahnsteigröhren gibt es, je nach Station auf ganzer Länge oder nur in Teilen, eine Verbindungsröhre, von der Rolltreppen in die Verteilerebenen führen.
Die Haltestelle Andél ist ein Zeitzeuge der tschechoslowakisch-sowjetischen Freundschaft: Sie trug bis 1990 den Namen Moskevská (nach Moskau benannt) und wurde von sowjetischen Architekten geplant – entsprechend sieht sie auch aus. In Moskau wurde im Gegenzug von einem tschechoslowakischen Designer die Haltestelle Prazhskaya („Пра́жская“ nach Prag benannt) entworfen, sie besitzt ihren Namen bis heute. Er ist aber in Gefahr: Das Verteidigungsministerium möchte die Station zu Ehren des Marschalls der Sowjetunion I. S. Konev benennen, nachdem der Bezirk Prag 6 das entsprechende Denkmal in Prag abbaute. Diese Pläne widersprächen allerdings aktuell Moskauer Gesetzen.
Man muss nicht weit fahren, um wieder weniger schöne Stationen zu sehen: Jiřího z Poděbrad. Seit einiger Zeit sind die Wandverkleidungen aufgrund von Sanierungsarbeiten entfernt, bislang kamen wie in der bereits gezeigten Nachbarstation Náměstí Míru kleine geprägte Platten in Gold und Türkis zum Einsatz.
Die Prager Metro wurde 1974 eröffnet, seitdem wurde das aus aktuell drei Linien bestehende Streckennetz kontinuierlich erweitert. Es umfasst 61 Stationen, wovon drei als Umsteigestationen ausgestaltet sind. Die drei Linien treffen einander im Zentrum Prags, sodass jede Station mit höchstens einem Umstieg erreichbar ist. Seit kurzem ist eine vierte Linie (D) in Bau, auf der jedoch nur noch fahrerlose Züge eingesetzt werden sollen. Die Züge bestanden zunächst aus vier, heute fünf Wagen und haben damit eine Länge von etwa 96 Metern. Auch wenn über den Zügen Kabel hängen: Die Züge beziehen 750V Gleichstrom aus von unten bestrichenen Stromschienen.
Zum Abschluss des Tages stand noch eine etwas andere Haltestelle auf dem Plan: Depo Hostivař. Sie wurde im Mai 2006 eröffnet und … befindet sich wortwörtlich im Depot! Die zwei westlichsten Hallengleise des Depots der Linie A wurden zu einem Personenbahnhof hergerichtet. Hierin befand sich bisher die Waschhalle. Die Station besitzt den schmalsten Bahnsteig im Metronetz. Außerdem ist der Bereich zwischen der Nachbarstation Skalka und dem Depot die einzige Stelle im Netz, an der Personenzüge unter freiem Himmel fahren.
Das Depot wurde bereits 1985 eröffnet und war über die heute übernächste Station Strašnická an die Linie A angebunden. 1990 ging die Streckenverlängerung bis Skalka in Betrieb, wo heute ein Teil der Züge endet. Der Grund ist simpel: Während der Hauptverkehrszeit kann die Depot-Station nur im 5 Minuten-Takt angefahren werden, da die Züge über zahlreiche Weichen fahren müssen – mit entsprechend niedriger Geschwindigkeit. Außerdem enden die Züge hier direkt am Prellbock. Ein 150 Sekunden-Takt, wie er zur Hauptverkehrszeit bis Skalka gefahren wird, ist dadurch schlicht unmöglich. Im Vordergrund befindet sich die kleine Bahnsteigerhöhung zum ebenerdigen Ein- bzw. Ausstieg für Rollstuhlfahrer.
Der Bau der Station war, nicht zuletzt aus Kostengründen, umstritten. Das Depot liegt in einem eher weniger bebauten Umfeld. Der Hauptzweck liegt darin, Pendlern einen früheren Umstieg vom privaten Auto in die Metro zu bieten, entsprechend befindet sich ein großer Park-and-Ride-Parkplatz an der Station. Zudem führen einige Buslinien hierher. Nach diesem doch eher ungewohnten Eindruck ging es ein letztes Mal zurück ins Hotel.