„Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer.“

… so stand es auf den Dora-Zügen der BVG. Am heutigen 1. Juni sollte das letzte Mal die Linie U55 verkehren, doch die Corona-Krise kam dem zuvor. Die Kanzler-U-Bahn wurde im August 2009 zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger Tor in Betrieb genommen, das fehlende Stück bis zum Alexanderplatz soll diesen Herbst in Betrieb gehen. Zeit für einen Foto-Nachruf an Deutschlands kürzeste U-Bahn-Linie.

Der erste Blick geht nicht ganz auf die U55, sondern ans Bw Friedrichsfelde. Dort sonnte sich am 4. März 2017 der frisch „aufgearbeitete“ Dora 2020/21 zwischen einem H-Zug und einem F-Zug. Auffällig ist die neue Lackierung in BVG-Sonnengelb.

Nach Tests auf der U5, auf die der Fotograf im März hoffte, ging es für die beiden Doras in den Tunnel. Grund für die Aufarbeitung für einen Planverkehr war der zunehmende Fahrzeugmangel im Großprofil. Dora 2020/21 im Bahnhof Bundestag am 21. Mai 2017.

Der anderen Dora-Zug konnte am 22. Juli 2017 im provisorischen Endbahnhof Brandenburger Tor festgehalten werden. Die Doras bekamen bei ihrer Aufarbeitung neue Zugzielanzeigen.

Die beiden Dora-Züge wurden einseitig mit Zitaten beklebt, also speziell auf ihren Touristen-Einsatz vorbereitet.

Zunächst befanden sich vier F79-Züge auf der U55. Es verkehrte immer nur ein Zug auf der Linie, sodass auf Signale verzichtet werden konnte. Der „Pendelbetrieb“ lief auf dem späteren Streckengleis Brandenburger Tor – Hauptbahnhof, an der anderen Seite standen Bahnsteigsperren. F 2658 am Hauptbahnhof.

Am 24. August 2017 war F79 2658/59 der letzte F-Zug auf der U55. Die drei anderen Züge wurden „geborgen“ um sie auf den anderen Großprofillinien einsetzen zu können. Als Ersatz kamen die beiden Doras, DL 2246/47 sollte später folgen.

Doch die Dora-Züge standen häufiger als erwartet, sodass bei diversen Berlin-Besuchen dann nur weitere Fotos vom letzten F-Zug möglich waren. 2659 verlässt am 23. Mai 2018 den Endbahnhof Brandenburger Tor. Inzwischen ist auch die DL-Einheit 2246/47 auf der U55, doch die Einsätze waren rar.

Der 3. Juni 2018 brachte ein wenig Abschied mit sich, denn es war der letzte Betriebstag vor circa halbjährigen Vollsperrung im Rahmen des Lückenschlusses. Am letzten Tag tat erneut F79 2658/59 seinen Dienst, und pendelte alle 10 Minuten zwischen Brandenburger Tor und Hauptbahnhof.

Die Fahrzeit zwischen den drei Stationen beträgt nur zweieinhalb Minuten. Hier fährt der F-Zug in Richtung Brandenburger Tor ein.

Ein letztes Bild vom Wagen 2659. Zu Beginn der U55-Sperrung wurden die drei D/DL sowie der F79 aus dem Tunnel geholt. Für 2658/59 führte der Weg nicht zurück ins Großprofil, sondern zum Verwerter.

Über ein Jahr später entstand am 11. November 2019 dieses Bild vom FE-Zug 2558/59 (ex F76). Drei solcher FE-Einheiten wurden für den Betrieb ab Dezember 2018 in den Tunnel gehoben, ebenso wie DL68 2246/47. Von den beiden Doras 2000/01 und 2020/01 kam keiner zurück in den U55-Einsatz. Während dieser Zug U55-Ziele auf dem Band hatte, galt dies nicht für alle zuletzt eingesetzten Züge. Manchmal war bereits „U5 Hauptbahnhof“ zu lesen.

Am 21. November 2019 konnte einer der seltenen DL68-Einsätze bildlich festgehalten werden. Hier steht der Kurz-Kurzzug aus nur 2 Wagen am Bundestag.

10 Minuten später mit etwas mehr Höhe… Die Züge liefen in der Regel einzeln, zu besonderen Anlässen wie dem Tag der offenen Tür der Bundesregierung wurden aber auch Vierwagenzüge gebildet. Die Doras konnten nach dem U5-Probeeinsatz allerdings nie zusammen in Betrieb gesehen werden.

Das Zitat in der Blog-Überschrift kam nicht ganz von ungefähr. Es war das Zitate, welches die Doras auf Deutsch und Englisch trugen. Es stammt von Willy Brandt und passt irgendwie zu den Dora-Einsätzen auf der U55. Für viel Geld zum Entschärfen der Fahrzeuglage im Großprofil aufgearbeitet, kamen sie doch ziemlich selten zum Einsatz.

2246/47 noch einmal in voller Pracht.

Der Innenraum war entsprechend einer Dauerausstellung zur Demokratie beklebt worden – man merkt den Zügen ihr Einsatzgebiet an.

Doch nun heißt es Abschied nehmen von der U55, sie verschwand geräuschlos in der Corona-Krise. Als die BVG den Betrieb einschränkte, und die Touristen-U-Bahnlinie 55 vorübergehend einstellte, war nicht abzusehen, dass sie ihren letzten Betriebstag nicht erst am 1. Juni, sondern eben schon am 17. März haben sollte.

Unterdessen wurde die Fahrzeugkrise durch die Lieferung von 11 angepassten IK-Kleinprofilzügen entspannt, zwanzig weitere folgen in diesem Jahr. So sieht sie aus, die nähere Zukunft. IK 1028 am 10. Dezember 2017 im S+U-Bahnhof Wuhletal.

Die neue U5 von Hönow zum Hauptbahnhof wird von den später insgesamt 31 großprofiltauglichen IK17 bzw. IK20 deutlich geprägt sein. Die Strecke ist bereits – wenn auch bislang nur ohne Strom – durchgängig befahrbar. Der Fahrgastbetrieb soll im November oder Dezember 2020 starten, dann wird an der Station Museumsinsel allerdings noch ohne Halt durchgefahren. Sie wird erst im kommenden Jahr fertig. Auf der früheren U55-Strecke mit den „süßen, kleinen“ Zweiwagenzügen werden dann die großen Sechs- bzw. Achtwagenzüge fahren.

Für die aufwändig modernisierten und für den Regelverkehr umgebauten Dora-Züge gibt es derweil noch keine klare Zukunftsperspektive – jedenfalls ist keine bekannt. Man muss wohl davon ausgehen, dass die drei Züge wie die anderen Museumszüge in einen Dornröschenschlaf verfallen. Zumal die Kassen nach Corona wesentlich leerer sind als sie es vorher waren…

In diesem Sinne: Machs gut, U55!