Eisenbahn nahe der EU-Außengrenze

Nachdem wir am Vorabend Terespol unweit der polnisch-belarusischen Grenze ankamen, wollten wir uns den Grenzverkehr einmal bei Tageslicht anschauen. Keine leichte Aufgabe im Grenzgebiet…

Die Eisenbahn ist im Grenzgebiet gelb eingezäunt, da die polnischen Kontrollen erst auf polnischem Boden stattfinden. Während sich der Haupteingang des Bahnhofs samt Vorplatz auf der rechten Seite – vom Güterzug weitgehend verdeckt – befindet, befindet sich auf der linken Seite ein Nebeneingang, der wohl nur für Züge aus der EU heraus genutzt wird. Dieser war jedenfalls von außen nicht nutzbar. Im weißen Gebäude ist der Zoll untergebracht.

Eine solche Zollkontrolle fand am Zug aus Belarus gerade statt. Die 2M62-Doppellok brachte einen Kesselzug über die EU-Grenze. Wenige Augenblicke nach dem Foto stieg ein polnischer Beamter zu uns herab, um unsere Pässe zu kontrollieren.

Im Grenzgebiet zwischen Brest auf belarusischer Seite und dem wenige Kilometer entfernten Rangierbahnhof Małaszewicze bzw. Dobrynka auf polnischer Seite sind Gleise mit 1435mm Spurweite (Normalspur) und 1520mm (Breitspur) vorzufinden. Züge, die ein darüber hinausgehendes Ziel haben, müssen sich in Brest umspuren lassen: Während einige Züge anpassbare Drehgestelle haben, müssen diese bei anderen gänzlich getauscht werden. Güterzüge werden oft umgeschlagen, da dies einfacher ist, als umzuspuren… So erreichen auch belarusische 2M62-Doppelloks das polnische Netz.

Nachdem wir am Bahnhof Terespol genug Aufsehen erregten fuhren wir an die freie Strecke, und zwar an einen Bahnübergang unweit des Ortes Dobrynka. Die Straßen dorthin – mitten durchs „Nichts“ oder Wald – sind dank EU-Fördermittel nicht nur ausgezeichnet – man hat auch ebenso überall besten LTE-Empfang. Für Deutsche irgendwie kaum vorstellbar, ist man doch eher marode Infrastruktur und Funklöcher abseits der Zivilisation gewohnt.

Dafür holte uns dann die Herkunft mit dem ersten und einzigen Güterzug ein: Eine deutsche akiem-TRAXX… Immerhin hatte sie etwas Landeskolorit in Form einer Rangierlok vom Typ SM42 am Haken. Fährt man für so etwas extra weit weg?! Links der beiden Gleise im Vordergrund befinden sich die letzten Ausläufer der belarusischen Breitspurgleise.

Es folgte in der Gegenrichtung ein Regionalzug von Polregio, einer ehemaligen PKP-Tochter, nach Terespol. Auch bei diesem Fahrzeug handelt es sich um eines aus der EN57-Familie, nach erfolgter Modernisierung samt Remotorisierung wird dieses Exemplar als EN57ALd bezeichnet. Wie auch die anderen gezeigten modernisierten Triebwagen können die EN57ALd eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h erreichen.

Nachdem die bewaffnete Transportpolizei auf uns aufmerksam machte, und erzählte, das Fotografieren der Eisenbahn sei abseits von Bahnhöfen in ganz Polen untersagt, fuhren wir zum Bahnhof Dobrynka. Eine ET22-Lokomotive von PKP Cargo passierte ihn ohne Anhang und Halt in Richtung Siedlce.

Auf den Normalspurgleisen fotografierten wir etwas später nochmal einen weiteren EN57-Umbau des Typs EN57ALd auf seiner Fahrt nach Terespol.

Auf dem Weg zurück ins Hotel an der Grenze begegnete uns eine einzelne M62-Lokomotive mit ihrem Güterzug an diesem Bauwerk des polnischen Zolls. Offenbar werden die Züge hier geröngt, jedenfalls deuten die Warnzeichen an den Betonwänden darauf hin…

Schließlich drehten wir nochmal für ein letztes Foto um, das am Bahnhof Kobylany entstand. Es zeigt eine M62-Lokomotive mit bloß zwei Güterwagen am Haken. Der Bahnhof schließt sich nordöstlich an den Rangierbahnhof Małaszewicze an. Schließlich endete ein – von zwei Ausweiskontrollen und einer Bitte, wegzufahren abgesehen – ereignisarmer Tag schon am frühen Nachmittag. Wenige Kilometer weiter gehen die Uhren auch schon zwei Stunden anders…