Nachtzug im Hellen & AKE auf die Insel

Im Winter 2021/2022 verkehrt der schwedische Snälltåget erstmals nach Österreich. Als Nachtzugangebot für Skifahrer verbindet er die Städte Stockholm und Salzburg – freitags in Richtung Süden, samstags in Richtung Norden. Mit den länger werdenden Tagen ergab sich die Möglichkeit, den Zug auch in Deutschland bei Tageslicht zu fotografieren, sodass es am 20. März 2022 früh auf die Straße ging, um eine nicht ganz so alltägliche Fototour zu starten.

Nach gar nicht mal allzu lange Fahrt erreichten wir die Fotostelle in Neumünster. Tatsächlich sollte es aber noch rund eine Stunde dauern, bis nicht nur die Sonne sondern auch ein Zug erschien. 445 022 und 445 027 sind es, die an diesem Morgen als RE 7 nach Kiel Hbf unterwegs sind.

Nur kurze Zeit nach dem gelungenen Probeschuss schloss sich der Bahnübergang wieder und die Gleise begannen zu singen. Ein Lüfter wurde hörbar und 114 006 der WFL rauschte mit ganzen 11 ehemals deutschen und österreichischen Wagen an uns vorbei. Die Lok ist häufig für das schwedische Unternehmen beschäftigt, bereits im letzten Sommer bespannte sie häufig den Snälltåget von Stockholm nach Berlin. Speziell für diese Einsätze bekam sie einseitig eine Beklebung auf der Front, neben der großen EU-Flagge sind auch eine schwedisch-deutsche und eine dänisch-deutsche Flagge um den WFL-Schriftzug zu erkennen – Werbung für die internationale Zugverbindung durch drei, mit dem Skizug sogar durch vier Länder.

„Das war´s“ mag man jetzt denken. Der Zug ist durchgefahren, einen weiteren gibt es diesen Winter nicht. Wer aber die Autoren dieses Blogs kennt, weiß dass es durchaus schon öfters nicht ganz alltägliche Aktionen gab. Man mag sich da zum Beispiel an den Connecting Europe Express erinnern, der in Bremen und anschließend in De Lutte kurz hinter der deutsch/niederländischen Grenze fotografiert wurde. Zeit für eine Neuauflage, wieder verschafft ein Lokwechsel den Fotografen das nötige Zeitpolster. 20 Eisenbahnminuten hinter Kolding an der Hauptstrecke von Syddanmark nach Sjælland wurde Stellung bezogen, als auch schon der nach Ejby hineinbremsende ER 2144 auftauchte.

Deutlich wuchtiger als eine einzelne Gumminase wirken drei – geführt von ER 2127 rauschen nur wenig später ganze 11 Wagen an uns vorbei. Die im Jahr 1989 in Betrieb genommenen dreiteiligen Dieseltriebzüge der Baureihe MF bilden dabei die Ursprungsentwicklung, im Jahr 1993 ging dann die Baureihe ER in Betrieb. Die nunmehr elektrischen Triebzüge haben einen Wagen mehr und wurden ursprünglich für den Nahverkehr ausgestattet, mittlerweile haben aber sie auch eine langstreckentaugliche Inneneinrichtung. Wie hier sichtbar sind sie mit ihren großen Brüdern vollständig kompatibel, bis zu fünf Einheiten können in Traktion fahren.

Im Jahr 2018 erhielt die Dieselgumminase MF 5051/5251 probeweise eine rote Folierung. Nachdem der Versuch nicht lang währte, ist der Zug heute wieder rot, ebenso nunmehr vier Elektro-Gumminasen der Baureihe ER. Es sind die Züge 2029, 2030, 2035 und ganz frisch auch ER 2018. Bei fünf roten Gumminasen ist die Wahrscheinlichkeit, eine durch Zufall zu erwischen, derzeit noch nicht sehr groß. Umso glücklicher waren wir, als mit ER 2029 einen frisch erröteten Triebzug zwischen Nørre Aaby und Ejby aufnehmen konnten. Die neue Farbgebung erinnert sowohl an die S-Bahn-Züge in Kopenhagen als auch an die kommenden Alstom Coradia Stream.

Nach einigen Gumminasen – es wird auf Dauer ein wenig eintönig an dieser Strecke – konnte erneut der D305 aufgenommen werden, nach dem Lokwechsel in Padborg befand sich 241 007 „Bond“ von HectorRail am Zug und sollte diesen als ST 305 bis Malmö bringen.

Die Lok bringt eine etwa besondere Geschichte mit. Im Jahr 2017 stieß sie im Bahnhof Leese-Stolzenau aufgrund eines Fehlers des Fahrdienstleiters auf ihrer Fahrt von Helsingborg C nach Krefeld-Uerdingen frontal mit einer weiteren Traxx F140 AC2 zusammen, die für das belgische Unternehmen Lineas fuhr. Dabei wurden nicht nur die beiden Triebfahrzeugführer schwer verletzt, sondern auch die beiden Loks wurden schwer beschädigt. Trotz geschätzten 4 Millionen Euro Instandsetzungskosten lies HectorRail seine Lok reparieren und fügte mit „Die another day“ einen zweiten Taufnamen hinzu – ein wenig Augenzwinkern darf nie fehlen!

Nach dem mehr oder weniger kurzen Ausflug nach Dänemark machten wir noch einen Abstecher an die Marschbahn – AKE hatte sich mit einem Sonderzug angekündigt. Zunächst ging es aber nach Lehnshallig, wo an dem bekannten Einfahrsignal „Debbie“ ihren Autzug Sylt in Richtung Niebüll zog.

Auch das Aushängeschild schlechthin darf natürlich nicht fehlen, die ewige Baureihe 218. Ein rotes Pärchen war es obendrein, das den IC 2075 auf seiner Fahrt nach Berlin-Lichtenberg begleitete – das ist ja seit einigen Jahren mehr die Ausnahme als die Regel.

Die sehr seitlich stehende Sonne machte auch Fotos in die andere Richtung möglich, sodass die Chance auf einen Autozug genutzt wurde. Leider kreuzte er auf dem falschen Gleis in Lehnshallig, sodass nur eine sehr frontale Aufnahme auf 218 497 gelang. Die Lok wurde im letzten Jahr etwas gewöhnungsbedürftig zur Hälfte in ICE- und zur Hälfte in Dampflokfarben lackiert und dient seither als Reservelok, gestellt durch das BW Cottbus. Nur wenige Wochen später gelangte sie auch schon zum BW Kiel und fährt mittlerweile auch mit dessen Anschriften herum. Aktuell ist sie zudem noch an das BW Niebüll verliehen und verdient sich ihre Brötchen auf der Marschbahn. Kürzlich verlor sie ihre Logos der Modellbahnhersteller Piko und Märklin.

Mittlerweile stand die Sonne auch ein Stück weiter am BÜ Triangel günstig, sodass wir uns in Position für den Sonderzug begaben. Noch bevor wir die Leiter aufgebaut hatten kam bereits 245 005 vorbei – eine der wenige roten Dieseltraxx, die für DB Regio SH fahren.

Auch der SyltShuttle verkehrt weiterhin in komplett rot, aus der Gegenrichtung ließen sich 218 830 und 218 389 sehr seitlich fotografieren.

Erneut schlossen sich die Schranken, es wurde Position bezogen auf der durchaus wackeligen Leiter – wie üblich wehte im Norden eine steife Brise. Laut dröhnte es in der Ferne und 218 460 „Conny“ zog ganze 10 Wagen alleine auf die Insel. Bereits in der Ebene ein ohrenbetäubender Lärm, man mag sich gar nicht vorstellen, wie das auf der Hochbrücke über der Nord-Ostsee-Kanal klang! Der Sonderzug war am Morgen in Koblenz gestartet und aus historischen Wagen der TEE-Zeit gebildet, als ausführendes EVU zeichnete sich die Vulkaneifelbahn verantwortlich.

Bis auf den großen Schriftzug „Westfrankenbahn“ und die Taufnamen auf der Lok könnte man sich fast einige Jahrzehnte in die Vergangenheit zurückversetzt fühlen. Und die Windräder müssten wieder abgerissen werden, die gab es damals auch noch nicht.

Nach dem Sonderzug verlegten wir unseren Standort nur wenige hundert Meter weiter an den Bahnübergang Gotteskoog – Motivvariation. Dort begegnete uns das bereits bekannte Pärchen am Autozug zurück auf die Insel.

Der absolute Alltag auf der Marschbahn sind die REs mit den Loks im Design von NAH.SH. 245 211 hat ihr Ziel fast erreicht und zieht die sechs Wagen auf den Hindenburgdamm.

Das eigentliche Ziel aber fuhr außerplanmäßig hinter dem RE – und deshalb rund 30 Minuten zu spät. Der IC 2310 „Nordfriesland“ bringt in der Wintersaison alle Wagen nach Sylt, die Kurswagen nach Dagebüll entfallen. So kommt ein weiterer Steuerwagen auf die Insel, an diesem Tag zudem der Bpmmbdzf mit der Werbebeklebung für 50 Jahre Intercity in Deutschland. Zwar trug nie ein solcher Wagen das weinrot/beige Farbschema, ein netter Hingucker sind die Folien dennoch.

Die zweite Auffälligkeit war die 245 023 – eigentlich fahren die Intercitys planmäßig mit 2x BR 218, seit einigen Wochen kommen die modernen Traxx P160 DE ME aber öfters an den Fernzügen zum Einsatz. Warum man lieber die Autozüge mit den alten Großdieseln fährt, die eigentlich längst auf die modernen Loks umgestellt sein sollen, bleibt wie so vieles bei der Deutschen Bahn ein Mysterium.

Nach dem Intercity wechselten wir erneut den Standort. Der Sonderzug sollte noch am selben Abend zur Abstellung nach Husum überführt werden und konnte von uns im letzten Sonnenlicht kurz vor Langenhorn ganz unspektakulär auf einer langen Gerade aufgenommen werden. Damit war der Tag zu Ende und die Heimreise wurde angetreten.